Moderne Patientensicherheit bei Neurochirurgischen Eingriffen
Michael Reinert, Neurochirurgie FMH, Neuro- und Wirbelsäulenzentrum Hirslanden
Die modernen neurochirurgischen Verfahren, wie sie bei komplexen spinalen Eingriffen wie auch kraniellen Eingriffen angewendet werden, sind gekennzeichnet durch immer präzisere und sichere Techniken. Die Neuronavigation leitet den Chirurgen während Rücken- oder Gehirnoperationen millimetergenau und kann mit zuverlässiger Präzision schnell und minimal invasiv entweder Tumore entfernen oder Implantate setzten. Zusätzlich zur 3D Orientierung im Körper ist auch die simultane Funktionsüberwachung ein Grundstein der komplexen Neurochirurgie geworden. Im folgenden Artikel werden die modernen neurochirurgischen Verfahren vorgestellt, wie sie als Standardprozesse heute die Patientensicherheit maximieren und als Prozesse in die operative Planung und Ablauf eingegliedert sind und so nicht mehr fehlen dürfen.
Der Nutzen und Erfolg des Gebrauchs dieser neuen Techniken bedingt ein interdisziplinäres Zusammenspiel zwischen Chirurgen, Neurologen, Neuroradiologen und IT-Spezialisten. Am Neuro-und Wirbelsäulenzentrum der Klinik St. Anna Hirslanden sind diese Abläufe routinemässig im Team eingespielt, so dass der Patient maximal davon profitieren kann.
Neuronavigation und präoperative Planung
Die präoperative Planung zeigen wir anhand eines komplexen kraniellen Eingriffes. Ein junger Patient wird wegen eines erstmaligen epileptischen Anfalles auf der Notfallstation vorstellig und es wird direkt ein MRI durchgeführt, welches eine intrazerebrale Raumforderung in der linken Hemisphäre fronto-inuslär zeigt. Neurologische Ausfälle hat der Patient keine. Die erweiterte Abklärung zeigt mittels Hirnnervenbahnen (Fibertracking) und Aminosäuren-Metabolismus (FET-PET MRI) ein wahrscheinlich niedriggradiger Tumor. Die präoperative Planung erlaubt die verschiedenen dynamischen Bilder und die anatomischen Bilder zu fusionieren, so dass die Operationsplanung dem Patienten bildlich dargestellt werden kann und die Operation strategisch optimal geplant werden kann.

Diese präoperativen Informationen erlauben gezielt auf den aktivsten Teil des Tumors anzugehen, was für eine Operation, die auch in Wachzustand (nur Lokalanästhesie des Kopfes) durchgeführt wird, sehr wichtig ist, um die Belastung des Patienten so tief wie möglich zu halten.
Intraoperative 3D Verifikation
Mit den neuen Ultraschallgeräten der letzten Generation sind eine Echtzeit und rasche 3D Volumenmessung intraoperativ möglich, und so kann die gezielte Entfernung direkt überwacht und kontrolliert werden. Der Vorteil eines hochwertigen Ultraschalls über ein intraoperatives MRI ist die „real time“ Kontrolle, und Verfügbarkeit. Ebenso kann der Patient in jeder für die Operation geeigneten Lagerung positioniert werden. Ein intraoperatives MRI ist jedoch sicher von der Bildauflösung her dem Ultraschall weit überlegen. (Abb.2.)

Intraoperatives Neuromonitoring
Das intraoperative Neuromonitoring wird sowohl bei spinalen wie auch bei kraniellen Eingriffen eingesetzt, um die grösstmögliche Patientensicherheit zu gewährleisten. Hiermit wird die Funktion des Hirns, Nerven und Muskeln überwacht. Die Methoden wechseln in Abhängigkeit des Ortes der zu überwachenden Neurostruktur. So können spezifisch tiefe oder oberflächliche Hirnstrukturen oder periphere Nerven wie auch Rückenmarksleitungen in deren Funktion überwacht werden. Das am häufigsten eingesetzte Neuromonitoring beinhaltet die Überwachung der motorisch evozierten Potentiale (MEP) und der somatisch evozierten Potentiale (SEP). Diese werden in der Regel, praktisch immer als Basis beim Neuromonitoring eingesetzt und gemessen (Abb 3.)

Wachkraniotomien
Bei Tumoren in der Nähe der Sprachzentren oder wichtigen Kommunikationsbahnen kann der Patient auf eine Wachoperation mit Sprachtest trainiert werden. Während der Operation können durch diese Sprachteste wichtige Areale geschont werden. Dadurch erhöht sich nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Radikalität der Operation, da der Operateur dadurch bis an die Grenzen der wichtigen Areale die Tumore weg operieren kann. Diese intraoperative Funktionsüberprüfung führt zu einer radikaleren wie auch sichereren Tumorentfernung
Möglich ist die Wachoperation, da das Gehirn zwar aus Nervenzellen und Nervenhüllen besteht, aber selber keine Schmerz-Sinneszellen besitzt. Bei einer Operation im Wachzustand ist daher lediglich eine örtliche Betäubung für die Haut erforderlich. Als Nachteil einer Wachoperation muss das Risiko eines Krampfanfalles während der Operation erwähnt werden. Aus diesem Grund wird die Wachoperation immer unter Bereitschaft einer raschen Narkose und Beatmungsmöglichkeit durchgeführt, damit wenn nötig, schnellstmöglich sicher beatmet werden kann zum Beispiel mit Larynxmaske.
Während der Operation wird mit dem Patienten gesprochen. Sobald der Operateur auf einem wichtigen Areal stimuliert, setzt die Sprache aus. Er weiss nun, dass hier nicht weiter Tumor entfernt werden darf, da sonst die Sprachfunktion geschädigt wird (Abb. 4)
Eine Wachoperation kann jedoch nicht immer durchgeführt werden. Es braucht eine gute Kooperation des Patienten. Dieser muss ruhig durch die ganze Operation geführt werden, was eine grosse Teamarbeit und Planung erfordert. Der Aufwand lohnt sich jedoch für den Patienten.

Kollaboration:
Neurochirurgie:
Prof. Dr. med. Oliver Hausmann
Prof. Dr. med. Abolghassem Sepehrnia
PD.Dr. med. Oliver Gautschi
Dr. med. Urs Mutter
Neurologie:
Dr. med. Max. Wiederkehr
Neuroradiologie:
PD Dr. med. Arne Fischmann
Anaesthesie:
Dr. Med. Kurt Frey